
Jüngste Entwicklungen im Bereich Handel und Exportversicherung
Die Welt war in den letzten Monaten großen Veränderungen unterworfen, insbesondere auf geopolitischer Ebene, die sich stark auf den internationalen Handel ausgewirkt haben. Die Erholung von der Covid-19-Pandemie, der anhaltende Ukraine-Konflikt, ansteigende Energiepreise sowie die höhere Inflation sind nur einige wesentliche Gründe für diese Entwicklungen. Diese Veränderungen haben sich auf die Risikowahrnehmung aller im internationalen Handel tätigen Akteure ausgewirkt. Es ist daher sinnvoll, sich die Zahlen der Berner Union und die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen auf ihre Mitglieder genauer anzusehen.
Die Berner Union (www.berneunion.org) ist die weltweit führende Organisation der Exportkredit- und Investitionsversicherungsbranche und besteht aus 82 Mitgliedsunternehmen, darunter die staatliche Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV. Die von den Mitgliedern angebotenen Versicherungslösungen unterstützen Exporteure, Investoren und Finanzinstitute bei der Minimierung ihrer wirtschaftlichen und politischen Risiken im Zusammenhang mit Exportgeschäften.
Vergleich zwischen öffentlichem und privatem Versicherungssektor
Ein Vergleich zwischen dem öffentlichen und privaten Versicherungssektor in Bezug auf Handels- und Exportgeschäfte zeigt derzeit ein klares Bild. Die Marktpositionierung von staatlichen Kreditversicherern wie Exportkreditagenturen (ECAs) ist vor allem bei Geschäften mit Gütern zu finden, die typischerweise mittel- und langfristig finanziert werden, was gemäss Definition der Mitglieder der Berner Union einer Laufzeit von mehr als 24 Monaten entspricht. Die untenstehende Grafik (Public/Private New Business split by Business line) veranschaulicht dies sehr klar.
Der Geschäftsanteil der staatlichen Exportkreditversicherungen in der ersten Hälfte des Jahres 2022 im Bereich der langfristigen Versicherungsdeckungen (MLT) betrug 78%, während im Bereich der kurzfristigen Versicherungen (ST) genau das Gegenteil der Fall war, wo die ECAs nur einen Anteil von 31% gegenüber den privaten Versicherern hatten.

Dies zeigt, dass die privaten Versicherer hauptsächlich im kurzfristigen Bereich tätig sind. Dies wird auch durch das obige rechte Diagramm untermauert, in dem die Risikoexponierung der verschiedenen Versicherungskategorien im Vergleich zwischen staatlichen und privaten Risikoversicherern dargestellt ist. Es ist zu erkennen, dass private Versicherer fast ausschließlich kurzfristige Risiken versichern, da 93% ihres Gesamtengagements im kurzfristigen Bereich ist.
Auswirkungen der jüngsten geopolitischen Entwicklungen auf die Risikobereitschaft der Versicherer
Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen wie der Ukraine-Konflikt haben sich erheblich auf die Risikobewertung von Unternehmen ausgewirkt, die im internationalen Handel tätig sind. Laut den jüngsten vierteljährlichen Konjunkturumfragen der Berner Union haben die Anfragen nach Versicherungsdeckung in allen Branchen im Jahr 2022 und bis ins Jahr 2023 zugenommen. Auf Seiten der Versicherer hingegen hat der Risikoappetit aufgrund des makroökonomischen Drucks und des sich verändernden geopolitischen Risikoumfelds abgenommen.
Noch interessanter ist die Tatsache, dass die Risikobereitschaft zwischen staatlichen und privaten Versicherern zu divergieren begonnen hat. Laut der jüngsten Geschäftsumfrage der Berner Union (veröffentlicht im Juni 2023) scheinen die privaten Versicherer vorsichtiger geworden zu sein, während die öffentlichen Anbieter andererseits ihre Risikobereitschaft bzw. – kapazität erhöht haben, einschließlich der Aufrechterhaltung der Deckung für Länder, die der private Markt als zu riskant erachtet. Dies erhöht letztlich die Bedeutung der staatlichen Versicherer noch weiter.
Reform des OECD-Rahmenabkommens bezüglich staatlich unterstützte Exportkrediter
Im gegenwärtigen Marktumfeld gewinnen staatliche Kreditversicherer (ECAs) mehr denn je an Bedeutung. Es ist daher vielleicht kein Zufall, dass die OECD vor kurzem ein grundlegendes Reformpaket des Rahmenabkommens betreffend staatlich unterstützte Exportkredite angekündigt hat, das am 15. Juli 2023 in Kraft treten soll.
Zu den wichtigsten Neuerungen gehören unter anderem längere mögliche Rückzahlungsfristen von bis zu 22 Jahren (statt 15 und 18 Jahre) für ECA-gedeckte Kreditfazilitäten im Zusammenhang mit Klimaschutzprojekten sowie eine generelle Verlängerung der maximal möglichen Rückzahlungsdauer auf 15 Jahre unabhängig von der Länderkategorie und der Art der Projekte . Die maximale Rückzahlungsdauer für Schienenfahrzeugprojekte, die aus elektrischen Fahrzeugen und der dazugehörigen Infrastruktur bestehen, wird ebenfalls von 14 auf 22 Jahre und für bimodale Fahrzeuge auf 20 Jahre erhöht.
Dies erhöht letztlich den Einfluss und die Attraktivität staatlicher Exportkreditversicherungen auf dem Markt im Vergleich zu privaten Versicherern noch weiter, insbesondere für die Deckung mittel- und langfristiger Risiken.
Weitere ausführliche Informationen über die Reform des OECD-Übereinkommens finden Sie auf der OECD-Website.